Aber ich will das jetzt noch ein bisschen ausführlicher machen, weil mich das wirklich, wirklich runter zieht.
Ich erkläre euch mal, wie das dann immer ist.
Also, ich sitze vor meinem Laptop und lese mir einen Blog durch, bei dem es ums Abnehmen geht. Um die Krankheit.
Ich schaue mir den Gewichtsverlauf an. Anfangs hatte sie ein sehr gutes Gewicht, einen BMI von 20, ganz normal, von dick kann man hier gar nicht reden.
Dann sehe ich, wie das Gewicht immer weiter nach unten geht, immer weiter und weiter.
Wenn das Gewicht aber doch mal nach oben geht, vielleicht 500-800 Gramm, sehe ich die Gefühle und Gedanken dahinter.
"Scheiß Fressanfall gestern! Ich hätte doch kotzen sollen!" oder
"Fuck, ich hab doch so viel Sport gemacht, wäre fast umgefallen! Wie ungerecht!" oder
"Ich bin doch so schlecht, ich kann gar nichts! Bin so unnütz. Am liebsten wäre ich einfach weg, mich würde niemand vermissen, das weiß ich."
Das bricht mir das Herz.
Aber wisst ihr, warum?
Weil ich auch mal so war.
Ich hab mir morgens meine Laune von der Waage vorschreiben lassen. Wenn mein Gewicht gleich geblieben ist oder sogar mehr geworden ist, war das die reinste Katastrophe!
Sie schrieb mir mein Tagesablauf vor. Welches Essen ich überhaupt essen durfte, welchen noch so anstrengenden Sport ich machen sollte.
Selbst in der Schule oder bei den Hausaufgaben zappelte ich rum, verbrennt ja Kalorien!
Doch irgendwann, nach etlichen Versuchen, reichte auch Mia mir ihre Hand. Und ich nahm sie, so verzweifelt und hungrig ich war, an.
Ich kotzte jeden Tag.
Fraß aber auch Literweise Müsli in mich hinein.
Aber das blieb natürlich nicht lang unentdeckt.
Darum kam Anna wieder und alles lief so wie vorher.
Ich aß am Tag nie mehr wie einen halben Apfel, aber ich trank, im Gegensatz zu anderen, die abnehmen wollten, nie etwas.
Ich liebte das Gefühl der Leere.
Dieser Leere in mir.
Ich legte meine Hände auf meine Beckenknochen, die spitz hervor stachen.
Ich konnte meinen Oberarm mit nur einer dreviertel Hand umfassen.
Konnte meinen Oberschenkel mit nur eineinhalb Händen umfassen.
Mein Handgelenk war zu dünn, um überhaupt einmal darum herum zu kommen.
Und ich genoss die Blicke.
Endlich konnte ich zeigen, dass ich nicht mehr die Dicke war.
Aber war ich überhaupt einmal dick?
Nein!
Ich hatte einen BMI von 20.0
Also kein bisschen dick, vielleicht nur etwas pummelig.
Anna hatte m!r die Augen verbunden.
Aber macht sie das nicht bei allen?
Wollen wir nicht alle gegen sie kämpfen?
Für unser Leben und nicht für diese Krankheit?
Wollen wir nicht leben?
Leben ohne Kalorientabellen und ohne jeglichen Vergleichszwang?
Aber Anna lässt uns nicht, sie gibt uns unsere Flügel nicht zurück.
Aber wenn wir zusammen gegen sie kämpfen, Tag und Nacht, Stunde um Stunde, mit unserer ganzen Kraft, alle zusammen, lässt sie uns alle davon fliegen
und endlich leben, lieben und lachen!